Mädchen 22. SSW

An einem Donnerstag um 7.30 Uhr erhielten wir über die Alarm-App und das Forum die Mitteilung, dass ein kleines Mädchen in der 22. SSW still geboren wurde. Die Eltern wünschten sich Fotos, würden aber nicht dabei sein. Ich saß währenddessen am Frühstückstisch, zwischen meinen beiden Kindern. Es stimmt mich sofort traurig – gedanklich bin ich nun bei den Eltern. Wie geht es wohl der Mama? Was haben diese Eltern nachts erleben müssen? Gibt es Geschwisterkinder?

Nach dem Frühstück habe ich zügig mein großes Kind in die KiTa gebracht. Bereits während der Heimfahrt wusste ich, dass ich den Einsatz übernehmen möchte und das auch zeitlich unterbringen könnte.  

Anschließend habe ich im Kreißsaal angerufen und mich für den Vormittag um 10 Uhr angemeldet. Allerdings benötigte ich für den Zutritt einen negativen Corona-Test, also habe schnell mein kleines Baby geschnappt und bin um 9 Uhr noch in unsere lokale Teststation gefahren, um mich testen zu lassen.

Anschließend ging es für mich wieder nach Hause, das Baby Schlafen legen. Der Papa ist im Home Office und kann die Kinderbetreuung zum Glück übernehmen.

Ich begann meine Sachen zu packen. Und nach einem kurzen Check bin ich auch schon losgefahren. Das Wetter hätte nicht besser sein können – Sonne, blauer Himmel und mindestens 25 Grad. Die Fahrt ins Krankenhaus ging fix. Ja, ich war nervös, das muss ich zugeben. Meine Gefühle schwankten zwischen tiefem Mitgefühl für die Eltern und meiner eigenen Nervosität.

Der Aufzug brachte mich zum Kreißsaal. Ich wurde in ein Einzelzimmer gebracht und sollte noch einen Augenblick warten, bis mir das Mädchen gebracht wurde. Währenddessen habe ich mein Equipment ausgepackt und mich mental vorbereitet. Es war viel zu ruhig in dem Zimmer. Menschenstimmen und lautes Gewusel auf den Gängen wären mir in diesem Augenblick lieber gewesen. Es hätte mich von meiner Nervosität abgelenkt. In diesem Moment öffnete die Hebamme die Türe und brachte mir das kleine Mädchen. Sie legte es mir auf mein vorbereitetes Tuch und ich sagte ganz automatisch „Hallo, du kleiner Schatz. Ich bin die Betti“. In dem Moment ist jegliche Nervosität von mir abgefallen. Ich war mit dem kleinen Mädchen alleine und habe es ganz vorsichtig positioniert und aus verschiedenen Perspektiven fotografiert.

Nach einer knappen halben Stunde, als ich alle Fotos im Kasten hatte, habe ich die Hebamme wieder zu mir gerufen. Leider wusste ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts über die Familie des Mädchens. Daher bat ich die Hebamme um ein paar Informationen. In diesem Moment kamen mir vereinzelt die Tränen. Das kleine Mädchen auf dem großen Bett liegen zu sehen, stimmte mich bereits sehr traurig. Nun aber auch noch vereinzelt ein paar Informationen über die Familie zu erfahren, ging mir dann doch sehr nahe. Am Stationstresen habe ich noch die Kontaktdaten der Familie erhalten und bin voller Emotionen nach Hause gefahren. Gedanklich war ich häufig bei den Eltern mit der Frage „wie es ihnen jetzt wohl geht“ und eigentlich auch ein wenig traurig, dass ich sie nicht kennen lernen konnte, da sie sich um das Geschwisterkind gekümmert haben.

Wie schön, dass wir uns kennen gelernt haben. Du kleine süße Maus.

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